pexels-red-zeppelin-4148472

Auf den Äckern wächst der Strom


Photovoltaik ist eine großartige Sache, aber sie braucht eine Menge Platz. Haben wir den überhaupt? Das ist eine vieldiskutierte Frage, wenn es um die erneuerbare Energie geht. Man kann schließlich nicht ganze geeignete Landschaften mit Photovoltaikanlagen verbauen!

Zum Glück ist das auch nicht notwendig. Spricht man mit Leuten aus der Photovoltaikbranche, bekommt man immer wieder zu hören: Die Fläche ist nicht das Problem. Was den Zubau von Photovoltaik heute und in absehbarer Zukunft bremst, ist eher die begrenzte Verfügbarkeit von Solarpaneelen und die begrenzte Verfügbarkeit von gut ausgebildeten Leuten, die sie installieren können.
 
Keine Konkurrenz zwischen Energie und Nahrung sollte man vermeiden, der Natur zusätzliche Fläche wegzunehmen. Auch landwirtschaftlich bewirtschaftete Flächen durch Photovoltaik-Kraftwerke zu ersetzen ist keine gute Idee, schließlich soll unsere Nahrung möglichst lokal erzeugt und nicht von Importen abhängig sein.
 
Es gibt allerdings vielversprechende Experimente, beides zu kombinieren: Die sogenannte „Agrar-Photovoltaik“ könnte ein Trend werden, der viele Vorteile miteinander vereint. Dabei werden auf großen Gerüsten direkt über dem Feld Photovoltaik-Paneele installiert – mit vielen kleinen Schlitzen dazwischen. Einen Teil des Sonnenlichts wandeln sie in Strom um, den anderen lassen sie zu den Pflanzen durch. Das Gerüst ist so dimensioniert, dass man darunter auch mit großen landwirtschaftlichen Maschinen immer noch arbeiten kann.
 
Auf diese Weise kann man also mit derselben Fläche doppelt Geld verdienen: Einmal durch die Pflanzen und einmal durch den Strom. Allerdings muss man das sorgfältig planen: Manche Pflanzen bringen weniger Ertrag, wenn man ihnen auf diese Weise einen Teil des Lichts nimmt – dann entscheidet letztlich der Strompreis, ob sich die Sache finanziell trotzdem lohnt oder nicht. Es gibt aber auch Pflanzen, die bei teilweiser Beschattung sogar besser wachsen.
 
Das hängt nicht zuletzt vom Wetter ab! Experimente zeigen, dass gerade in heißen, trockenen Jahren der Ertrag auf diese Weise gesteigert werden könnte. Die Teilbeschattung durch Photovoltaik schützt die Pflanzen vor Hitzeschäden, die Verdunstung geht zurück, der Boden trocknet weniger schnell aus, man muss weniger bewässern. Gleichzeitig hält auch die Verdunstungskälte der Pflanzen die Photovoltaik Anlage kühler und erhöht somit ihre Effizienz.
 
Die Lichtmenge, die durchgelassen wird, lässt sich regulieren – man muss nur den Winkel der Photovoltaik-Anlagen anpassen. Insgesamt hat man es hier mit einer ziemlich komplexen Optimierungsaufgabe zu tun; Abhängig vom Wetterbericht, vom bisherigen Wachstumsprozess der Pflanzen, von der Bodenfeuchte und vom aktuellen Strompreis kann es manchmal sinnvoller sein, mehr Licht in Strom umzuwandeln, und manchmal sinnvoller sein, mehr Licht zu den Pflanzen durchzulassen. Das heißt aber nicht, dass landwirtschaftliche Betriebe künftig morgens komplizierte Gleichungen lösen müssen, um die optimale Steuerung der Photovoltaik-Anlage zu berechnen – so etwas lässt sich automatisieren, das ist eine Aufgabe wie geschaffen für künstliche Intelligenz Bürokratische Hindernisse abbauen.

Agri-Photovoltaik hat gute Chancen, ein großer, internationaler Trend zu werden: Wie das Blätterdach eines Waldes könnten Photovoltaik-Anlagen Teilschatten spenden und darunter ganz konventionelle Landwirtschaft ermöglichen.
 
Ob das gelingt, hängt aber nicht zuletzt von politischen Rahmenbedingungen ab: Darf man auf für Landwirtschaft gewidmeten Flächen überhaupt solche Konstruktionen errichten? Wie viel Bürokratie ist dafür nötig? Bekommt man Förderungen oder vielleicht andere Förderungen, die heute für Landwirtschaft ausbezahlt werden, nicht mehr, weil die Fläche nun doppelt genutzt wird?
 
Manche Ideen sind so gut, dass sie sich ganz von selbst durchsetzen, auch wenn sie nicht staatlich gefördert werden. Aber zumindest sollte man sich bemühen, sie nicht staatlich einzubremsen.
 
Quelle: futurezone